Effizient und gut fürs Image

Nachhaltiges Bauen liegt im Trend, muss nicht teuer sein und die Hauptstadt ist Vorbild für zukunftsweisende Projekte. Manche Trends sind krisenunabhängig. Manche werden sogar durch eine Krise wie die derzeitige Finanz- und Wirtschaftsschwäche befeuert. Das gilt auch für nachhaltiges Bauen. „Nachhaltiges Bauen beinhaltet ein umfassendes Qualitätskonzept, deshalb ist es auch ökonomisch interessant“, sagt Martin Prösler, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Der Verein ist der beste Beleg für das wachsende Interesse. Mehr als 840 Mitglieder hat er seit seiner Gründung vor drei Jahren gewonnen. „Hier sitzen alle an einem Tisch – Planer, Architekten, Investoren, Hersteller und Wissenschaftler“, erklärt Prösler. Das Ergebnis: Inzwischen liegt ein Handbuch für nachhaltiges Bauen vor, das „Handbuch Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude“ – als Grundlage für das DGNB-Zertifikat.

Langsam sprechen sich die Vorteile einer weitsichtigen Bauausführung in der Branche herum. „Wir erreichen einen hohen Komfort und optimale Funktionalität, und zwar zu einem günstigen Preis“, sagt Sylvia Zumstrull von der Berliner Gesellschaft für Architektur und Projektmanagement, die sich auf nachhaltiges Bauen spezialisiert hat. Der Standort macht es möglich, denn Berlin ist laut Zumstrull Vorbild für nachhaltige Bauprojekte. In einem Nachhaltigkeitsranking des britischen Forschungsinstituts Economist Intelligence Unit im Auftrag des Siemens-Konzerns schneidet Berlin unter 30 europäischen Metropolen und Hauptstädten am besten beim Klimaschutz im Gebäudebereich ab.

Gut geplant sei ein nachhaltiges Gebäude nicht teurer als vergleichbare Projekte, die mit hochwertigen Materialien ausgestattet würden. „Entscheidend ist, dass sich alle Baubeteiligten früh zusammensetzen und durchdachte Lösungen entwickeln“, erläutert die Architektin.

Konzept – Nachhaltigkeit bezieht sich auf den Lebenszyklus eines Gebäudes

Doch nicht alles, was auf den ersten Blick nachhaltig erscheint, hält bei näherer Betrachtung dem Anspruch stand. So kann der Rohstoff für einen Baustoff zwar durchaus höchsten ökologischen Standards genügen, wenn Verarbeitung und Transport dann aber unverhältnismäßig viel Ressourcen verbrauchen, ist der Nutzen oft fragwürdig. „Letztlich kommt es darauf an, einen vernünftigen Kompromiss zu finden“, sagt Zumstrull. Das Material sei ohnehin nur ein Baustein eines Nachhaltigkeitskonzepts, erklärt sie. „Es geht um den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, ökonomische und soziale Kriterien spielen dabei eine ebenso große Rolle wie ökologische.“

Dies betont auch DGNB-Sprecher Martin Prösler. „Der größte Kostenfaktor eines Unternehmens sind bekanntlich die Personalausgaben, die bis zu 80 Prozent der Kosten ausmachen. Durch eine gute Architektur kann ich viel tun, um Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu fördern“, sagt er. Raumklima, Akustik und Lichtverhältnisse hätten nachweislich direkten Einfluss auf den Krankenstand.

Ein entscheidender Faktor für nachhaltiges Bauen ist die Energieeffizienz. Denn eines ist sicher: Die Energiekosten werden in Zukunft weiter steigen. Das gibt Raum für Innovationen. Und gerade deutsche Firmen, nicht zuletzt aus Berlin und Brandenburg, sind hier ganz vorn mit dabei.

Der Berliner Solarmodulhersteller Sulfurcell hat im vergangenen Jahr selbst einen neuen Firmensitz gebaut und dabei eine völlig neue Fassaden-Technologie verwendet. Statt Solarmodule auf die Fassade aufzusetzen, bilden sie hier selbst die Fassade. „Wir haben eine solare Fassadenkassette entwickelt, die durch ihre edle Glasoptik das Gebäude auch architektonisch aufwertet“, erklärt Sulfurcell-Geschäftsführer Nikolaus Meyer. Im Modul als Baustoff liegt aus Meyers Sicht die Zukunft der Fassadentechnik.

Für viele Unternehmen wird sich zunächst jedoch die Frage stellen, ob es sinnvoll und machbar ist, eine Solaranlage auf dem Firmendach zu installieren, um einen Teil des Energiebedarfs selbst zu gewinnen. Besonders Fertigungshallen bieten in der Regel große, ungenutzte Flächen, doch sind die Dächer moderner Industriebauten statisch meist nicht dafür ausgelegt, schwere Solaranlagen zu tragen. Auch hier gibt es neue Entwicklungen: Leichte Konstruktionen und flache Module, die das Gewicht deutlich reduzieren. Nach zwölf bis 13 Jahren, so Meyer, habe sich eine solche Investition amortisiert und sei daher eine sehr gute Kapitalanlage.

Und Imageförderung gibt es gratis noch dazu, denn eine weithin sichtbare Solaranlage signalisiert auch: Wir nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung als Unternehmen ernst und beteiligen uns aktiv am Klimaschutz. Ein Bekenntnis zur „Corporate Social Responsibility“, wie der Fachbegriff für soziales unternehmerisches Handeln lautet, gewinne immer größere Bedeutung, sagt DGNB-Sprecher Prösler. „Es gibt Investoren, die mieten nur noch zertifizierte Flächen.“

Quelle: berlin-maximal.de