Entwurf §246e stoppen – Bodenspekulationsparagraph verhindern!

Der private Wohnungsbau ist derzeit auf Grund hoher Zinsen und Inflation zum Erliegen gekommen. An dieser ökonomischen Ausgangslage ändert eine Aushebelung des Planungsrechts, wie im §246e geplant, nichts. Es ist daher naiv zu glauben der §246e würde in substanzieller Zahl kurzfristig, neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum schaffen. Im Gegenteil: einerseits fehlt den Projektentwicklern aktuell Liquidität und Gewinnerwartung für einen tatsächlichen Bau, andererseits können sie nun aber durch den §246e an Baugenehmigungen kommen, welche nicht an eine Bauverpflichtung (oder irgendwelche anderen Verpflichtungen) gebunden sind und somit den Wert eines Grundstücks um ein Vielfaches steigern.

Statt einem Turbo für den Wohnungsbau wird der §246e zu einem Turbo für den Handel mit Grundstücken. Diese Bodenspekulation wird langfristig sogar zu höheren Baukosten auf Grund des höheren Bodenpreises führen. Weder Wohnungssuchenden, Mietende noch Kommunen kommt dieses neue Gesetz zugute – es füllt nur die Taschen der Grundbesitzer.

Statt Öl ins Feuer zu gießen sollte der Staat Wohnen wieder als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge begreifen und da wo die Privatwirtschaft scheitert selbst tätig werden: Bei der Herstellung von bezahlbarem Wohnraum.

Um aktuelle Anlässe zeitnah behandeln zu können, startet die Stadtrederei ein neues Format. „Auf einen Kaffee mit …“. Kurz und kompakt besprechen wir mit einem Gast über Projekte und Vorhaben mit hoher Aktualität und Nachrichtenrelevanz.

Zur Premiere wurde Stephan Reiß-Schmidt eingeladen. Er ist engagierter Aktivist für eine gemeinwohlorientierte Bodenwende und ehemaliger Planungsdirektor der Stadt München. Im November 2023 hat er einen Aufruf an die Politik und Planer:innenzunft gestartet. Dabei geht es um die vorgelegte „Formulierungshilfe“, ein Gesetzentwurf, mit dem bezahlbarer Wohnraum in angespannten Wohnungsmärkten beschleunigt werden soll. Mit der Generalklausel des § 246 e BauGB sollen bis 2026 sämtliche Errungenschaft des Planens und Bauens in Hinblick auf gemeinwohlorientierte Bodenpolitik und bezahlbares, nachhaltiges Wohnen außer Kraft gesetzt werden. Unter den Tisch fallen dann Bauverpflichtungen, Mindestquoten für geförderten Wohnungsbau, grenzscharfe Ausweisungen von Innen- und Außenbereichen sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Dies ist ein erheblicher Eingriff in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung. Die Fachwelt ist entsetzt und die Zeit drängt, etwas gegen diese Initiative zu tun.

Im Gespräch erklärt Stephan Reiß-Schmidt die Hintergründe des § 246 e BauGB und dessen Auswirkungen auf eine sozial- und klimagerechte Bodennutzung.

Hören Sie rein, trinken Sie einen Kaffee mit uns – und seien Sie wachsam!

Gast: Dipl.-Ing. Stephan Reiß-Schmidt, Stadtdirektor a.D., München

Moderation: Dr. Christine Grüger / Dr. Fee Thissen

Copyright von Logo/Musik: Dr. Christine Grüger

Auswahl der Lesefrüchte zur Folge „Auf einen Kaffee“:

https://stadtrederei.podigee.io/31-auf-einen-kaffee-in-der-stadtrederei-mit-stephan-reiss-schmidt

Es geht um eine sozialgerechte Bodennutzung. (…) Festzuhalten bleibt: Wer bauen will und für sein Baurecht der Festsetzung eines Bebauungsplans oder der Zustimmung durch die Gemeinde bedarf, kann nicht reklamieren, die volle Bodenwertsteigerung – die Umwandlung von Brachland in wertvolles Bauland, oft kombiniert mit einer wesentlichen Steigerung auch der baulichen Ausnutzung – einzustreichen. Vielmehr ist es nicht nur angebracht, sich an den Folgekosten zu beteiligen, sondern in Zeiten ESG-konformer Investments geradezu geboten.“

https://zeitung.faz.net/faz/immobilien/2024-02-02/491f19428e087ab8cba03d63c1d84fdd/?GEPC=s5

Die Bundesarchitektenkammer unterstützt unseren Appell:

„Bau-Turbo“ § 246e: falsches Instrument für mehr Wohnungen