Unter diesem Titel diskutierten Theresa Keilhacker (freischaffende Architektin, Fachausschuss Nachhaltiges Planen und Bauen an der Architektenkammer Berlin), Daniela Brahm (ExRotaprint gGmbH, Initiative Stadt Neudenken), Prof. Hildebrand Machleidt (Stadtplaner) und Ephraim Gothe (Staatsekretär für Bauen und Wohnen) unter der Moderation des Tagesspiegel-Redakteurs Ralf
Schönball und auf Einladung der Architektenkammer Berlin in der URANIA.
Einige Statements von Theresa Keilhacker bezogen sich auch auf Diskussionen, die zum Teil sowohl bereits im Rat für Stadtentwicklung Berlin lebhaft diskutiert wurden, als auch im Fachausschuss Nachhaltiges Planen und Bauen an der Architektenkammer Berlin. Zum Beispiel ein Leitbild für Berlin auszurufen „Bestandsinwertsetzung vor Neubau!“
„Viele kleine Eingriffe sind wirkungsvoller als ein großer!“, „Eigeninitiativen, Genossenschaften, neue Gemeinschaftswohnmodelle fördern, statt mit Steuergeldern billigen, gesichtslosen Massenwohnungsneubau produzieren!“, „Ausnahmen von der Regel fördern (dafür wäre eine IBA 2030 als Experimentierraum geeignet)“.
„Kein ausschließlicher Fokus auf Wohnungsbau; Arbeiten und Wohnen – die gemischte Stadt ist das Ziel!“, Nutzerbedürfnisse in Berlin im Blick haben, d.h. vor allem günstige Mieten in allen Teilen der Stadt fördern (das kann Nachverdichten in der Wasserstadt Spandau heißen, oder Nachverdichten in Lichtenberg, Stichwort „Wohnpakt“, oder Nachverdichten in Oberschöneweide, einer ehemaligen Industriebrache, oder Adlershof in der Nähe des neuen „Hauptstadtflughafens“!).
„Prozesse begleiten, steuern und verstetigen – Verwaltung als Dienstleister der Bürger!“, „Paradigmenwechsel sichtbar machen (bottom-up“ statt „top-down“ – „bottom-up“ heißt „Hintern hoch“, wie Claudia Hildner in ihrem Online-Beitrag an einem Beispiel in München verdeutlichte, bei dem der Wunsch nach einer „Creative City“ die Stadt dazu gebracht hat, sich mit ihren eigenen Verwaltungsstrukturen auseinanderzusetzen… in Berlin ist die letzte Reform der Verwaltung 2001 die Zusammenlegung von 23 auf 12 Bezirke gewesen. Berlin braucht dringend klarere Zuständigkeiten zwischen Senats- und Bezirksebene! Negativbeispiele sind hier gerade die überholten Planungen aus den 90ger Jahren, die an der East Side Gallery oder dem Mauerpark sichtbar werden. Ein Mauergedenkstättenkonzept ist ein übergeordnetes Planungsziel, das die Senatsverwaltung (Wirtschaft, Finanzen, Stadtentwicklung und Umwelt) zusammen mit den Bezirken lösen muss).
„Eigene Statistiken richtig interpretieren!“ (wenn 2012 ca. 50% Zuwanderung nach Berlin aus dem Europäischen Ausland, vor allem aus Spanien stattfand, werden diese Zuwanderer auch dorthin zurückkehren, wenn es dort wirtschaftlich wieder bergauf geht; siehe auch Prognose vor der Finanzkrise Berlin 2007 – 2030: „Die Bevölkerungszahl Berlins steigt bis zum Jahr 2023 an und geht danach leicht zurück. Gegenüber 2007 wächst die Stadt um rd. 60.000 Menschen auf 3,476 Mio. EW (+1,7%). In den Bezirken wird die Entwicklung sehr unterschiedlich verlaufen: In drei Bezirken steigt die Bevölkerungszahl an, in den anderen neun sinkt sie. Besonders drastisch ist der Rückgang in Marzahn-Hellersdorf mit -7,4 Prozent. Der größte Zuwachs bis 2020 wird für den Bezirk Pankow mit +3,4 % erwartet. Hinter den Gesamtergebnissen für die „Großstadt“-Bezirke können differenzierte und z.T. gegenläufige Entwicklungstendenzen in den einzelnen Ortsteilen stehen. So resultiert z.B. die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung im Bezirk Marzahn-Hellersdorf aus anhaltenden Verlusten in den Großsiedlungen im Norden bei gleichzeitiger weiterer Bevölkerungszunahme in den durch Einzelhaus-Bebauung geprägten Nachverdichtungsbereichen im Süden des Bezirks.“ Hier, in den einzelnen Bezirken mit Schrumpfung muss man gegensteuern, nicht z.B. auf dem Tempelhofer Feld, was man erstmal als strategische Reserve und besonderen Ort in der Stadt bewahren sollte!)
Weitere Diskussionspunkte waren: „Angebot an günstigerem Lebensraum schaffen, auch in der inneren Stadt, dies ist realistisch nur mit der Ertüchtigung im Bestand zu schaffen (Neubau zu teuer – wir haben eine Energieeinsparverordnung 2009, bald 2014, nach der sich der Neubau richten muss und günstige Mieten im Neubau sind damit nicht ohne massive Förderung möglich; die Energieeinsparverordnung stellt aber eine gesunde Bremse dar, sich erst einmal auf die Ertüchtigung und Inwertsetzung des Bestandes zu konzentrieren).
Mieter im Bestand halten, keiner Gentrifizierung Vorschub leisten! (Negativbeispiele am Barbarossaplatz – dort war der Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit CDU und SPD verantwortlich, sowie an der Otto-Braun-Str. / Mollstraße, nördlich des Alexander Platzes – dort war Ephraim Gothe, SPD, ehemaliger Baustadtrat von Mitte bzw. der Senat verantwortlich) etc. etc.
Es gibt noch viel für die Berliner Politik zu tun, ihren Instrumentenkasten für die Sicherung günstiger Mieten, sowie das nachhaltige Ziel einer gemischten Stadt in allen Bezirken und auf Senatsebene zu nutzen!
Siehe auch Artikel im Tagesspiegel von Thomas Loy:
Berlin erbaut sich neu
http://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-erbaut-sich-neu/7895164.html