Offener Brief Bauakademie: Breites Bündnis ermutigt zu einem offenen Wettbewerb im Sinne der Ergebnisse des Think-Tanks

Anerkennungspreis beim Nachwuchsarchitekt*innenwettbewerb 2009: MIOM, Paul Kranz und Stephan Cornelius

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Geywitz,

wir, die Unterzeichner*innen dieses offenen Briefes, nehmen die aktuelle Debatte um die Neuerrichtung der Bauakademie in Berlin zum Anlass, die Ergebnisse des Think-Tank Bauakademie ausdrücklich zu unterstützen. Auf die Einladung der Bundesstiftung Bauakademie hin waren Expert*innen zusammengekommen, um einen Wettbewerb mit einem moderierten Abwägungsprozess für diesen besonderen Ort zwischen Auswärtigem Amt und Friedrichswerderscher Kirche im Zentrum Berlins vorzubereiten.

In der Satzung der Bundesstiftung Bauakademie heißt es: „Die Stiftung soll als zentrale Dialogplattform auf nationaler Ebene mit internationaler Ausstrahlung den gesamten Bereich des Bauens mit seiner gesellschaftlich durchdringenden Wirkung darstellen und als ein Ort der Reflexion, Produktion und Präsentation ein Abbild der Vielfalt und Visionen des Bauwesens, der Stadtentwicklung, des Wohnens und der Baukultur geben.“

In diesem Sinne sollte das Gebäude ein Demonstrationsprojekt für Nachhaltigkeit und Zukunftsorientiertheit in Bauwesen und Stadtentwicklung werden, an die Innovationskraft Schinkels anknüpfen und auf Schinkels Fundamenten ein Gebäude (wieder-)errichten, das innovativ nach Lösungen in Zeiten der Klima- und Ressourcenkrise sucht.

Wir nehmen den Bundestagsbeschluss von 2016 zur Wiederrichtung der Bauakademie ernst, stellen sieben Jahre danach aber die Frage: Geht es lediglich um die nachgebaute Kopie eines unwiederbringlich verlorenen Originals oder geht es nicht vielmehr um die Wiedererrichtung der Bauakademie als richtungsweisende Institution in ihrer Zeit?

Bei aller Wertschätzung Schinkels, der mit der Bauakademie 1832–36 in historischer Nachbarschaft zweifellos eines der innovativsten Gebäude seiner Zeit geschaffen hat, muss die Frage erlaubt sein, ob der Nachbau einer 190 Jahre alten Fassade im Jahr 2023 der richtige Impuls sein kann.

WIR EMPFEHLEN:

• Die Bauakademie muss einen Ausdruck finden, der die Zukunft des Bauens visuell nach außen transportiert und eine Vorbildfunktion für Bauen in planetaren Grenzen, also klima- und ressourcenangepasstes Bauen einnimmt.

• Das 1,5 ° Ziel muss eingehalten und sichtbar in Material, Konstruktion und Ästhetik einer neuen Bauakademie werden, dabei kann sich ein zukunftsweisender Neubau durchaus auf Schinkels Original beziehen; so wie es mit den Neuen Meisterhäusern in Dessau gelungen ist, eine präzise Bezugnahme auf Gropius mit einer aktuellen Architekturposition zu verbinden.

• Die Akademie soll städtebaulich im Kontext als dialogische Intervention und Haus mit Charakter, sinnlich und sinnstiftend, mit einem einladenden und offenen Außen in Übereinstimmung mit inneren Funktionen der Stiftung sichtbar werden.

• Die vorhandenen Fundamente der Original-Kellerstrukturen können genutzt und erfahrbar, die Gebäudeecke des ehemaligen Außenministeriums der DDR kenntlich und somit Geschichte erlebbar gemacht werden.

 

Ein Reallabor sollte gesellschaftliche wie technische Fragestellungen ins Zentrum der Entwicklung des zukunftsweisenden Gebäudes und der Stiftung als Begleiter*in der Bauwende stellen und dabei in allen Phasen eine breite Expertise und die Zivilgesellschaft einbinden. Bei der Entwicklung des Projektes muss über die Anforderungen bestehender Regularien kritisch nachgedacht werden. Dabei kann eine neue „Gebäudeklasse E“ hilfreich sein, um „LowTech Ansätze“ zu entwickeln, sowie eine Verfeinerung von bisherigen Bewertungskriterien beim nachhaltigen Planen und Bauen hin zu einem Materialspeicher mit Ressourcenpass und ohne Abfallaufkommen.

Im Sinne der anspruchsvollen Bauaufgabe des Bundes empfehlen die Unterzeichner*innen einen offenen zweiphasigen Wettbewerb mit niedrigschwelligen Zugangskriterien auszuloben, der in einem ersten Teil vielfältige Ideen im Sinne des Demonstrationsprojektes erlaubt und in einem zweiten Teil die wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien und einen innovativen Umgang mit der Rekonstruktionsthematik in einer frühen Phase berücksichtigt und voranbringt; frei nach dem Motto: Die besten Ideen für Berlin, die besten Ideen für eine Akademie mit Vorbildfunktion.

Planung und Bau können als Lehr- und Lernbaustelle für angehende Planer*innen und Handwerker*innen erfolgen, die traditionelles (Planungs-)Handwerk mit zukunftsorientierten Berufsaussichten verbinden wollen.

Wissen teilen! – die Bauakademie als ein erlebbarer Lernort mitten in Berlin.

Nutzen Sie die einmalige Chance, dass die Bauakademie zu dem wird, was im Satzungstext steht: „ein nationales und internationales Schaufenster“ und „eine Plattform, welche die gesellschaftliche, technische und kulturelle Innovationskraft des Bauens stärken soll“.

 

UNTERZEICHNER*INNEN:

AfA – Aktiv für Architektur und viele mehr, siehe auch hier.