Die Aufgrund des Urteils des Landesarbeitsgericht Berlin vom 12. Juni 2020 erfolgende Neuausschreibung der Leitung der Bundesstiftung Bauakademie ändert wenig an dem Grundproblem der Stiftung, welches mit dem Urteil offenkundig geworden ist. Die Bundesstiftung Bauakademie ist laut Gerichtsurteil „nach den Regeln der Satzung im Sinne einer fortbestehenden staatlichem Beherrschung ausgestaltet. Der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin, vertreten durch die Bundesregierung, diese vertreten durch die Bundesministerien kommt ein fortbestehender maßgeblicher Einfluss im Sinne einer möglichen Durchsetzung wesentlicher Entscheidungen zu. Es besteht eine finanzielle und personelle Abhängigkeit, ein ‚Durchregieren‘ im o.g. Sinne ist möglich.“
D.h. die Stiftung ist de facto der verlängerte Arm des Bundesbauministeriums (z Zt. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat). Die Stiftung ist keine unabhängige kulturelle Einrichtung, sondern sie unterliegt dauerhaft politischer Kontrolle und politischen Interessen. Sichergestellt ist dies durch eine Reihe von Festlegungen in der Stiftungssatzung, wie im Urteil weiter ausgeführt wird. Zudem wurde die Stiftung vom Ministerium bewußt als eine privatrechtliche konzipiert, um sie von den für öffentlichen Einrichtungen geltenden Regeln frei zu halten, was die politischen Durchgriffsmöglichkeiten verbessert und die Transparenz für die Öffentlichkeit mindert. Die Berufung eines parlamentarischen Staatssekretärs der Regierungsparteien zum Direktor der Stiftung war Symptom dieser problematischen Konstruktion. Die nun stattfinde Neuausschreibung der Leitung ändert aber nichts an dem Grundproblem.
Die Struktur der Bundesstiftung Bauakademie verschärft eine Problematik, die ohnehin bei staatliche finanzierten Kulturinstitutionen in Deutschland gegeben ist. Deren Aufsichtsgremien (Stiftungsräte) sind zumeist nur mit Funktionären aus Politik und Exekutive besetzt. Das es auch anders geht, zeigt sich bei Institutionen der Wissenschaft und der Medien. Aufsichtsräte von Universitäten sind rein fachlich besetzt, in den öffentlich-rechtlichen Medien stellen politisch-administrative Vertreter wenigsten nur die Hälfte der Mitglieder. Der politisch Durchgriff führte in den vergangenen Jahren in zahlreichen Kulturinstitutionen – etwa in Kassel, Halle, Dessau, Wolfsburg und Berlin – zu politisch motivierten Entscheidungen, die fachlich nicht begründet waren. Es wäre notwendig, die Strukturen von Kulturinstitutionen dahin zu ändern, dass ihre Aufsichtsgremien zumindest zur Hälfte von Fachleuten und evtl. anderen unabhängigen Akteuren besetzt sind.
Philipp Oswalt, 10. September 2020
Philipp Oswalt hatte erfolgreiche über zwei Instanzen gegen die Bundesstiftung Bauakademie geklagt und das zitierte Urteil erwirkt. Gegen Jahresende wird er in Merkur – Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken eine längeren Aufsatz zum Thema veröffentlichen.
Ein Kommentar von Florian Heilmeyer in BauNetz vom 16. Dezember 2020: Zur Neuausschreibung des Direktorenpostens