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Foto: © Henning Rogge/Emscherkunstweg

„Statt Abriss und Neubau stehen wir für Erhalt und Umbau des Bestandes“

Offener Brief + 19.09.2022 + Offener Brief + 19.09.2022 + Offener Brief + 19.09.2022

Von: Initiative Abriss-Moratorium
An: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Sehr geehrte Bundesministerin Klara Geywitz,

In Deutschland entstehen jedes Jahr 230 Millionen Tonnen Bau- und Abbruch- abfälle, was 55 Prozent des gesamten deutschen Abfalls ausmacht. Zudem sagt der aktuelle Emissionsbericht des Umweltbundesamtes: Deutschland ist nicht auf Kurs, seine Klimaschutzziele zu erreichen. Der Gebäudesektor hat zum zwei- ten Mal in Folge sein Emissionsminderungsziel verfehlt. Um das Sektorziel 2030 zu erreichen, ist eine jährliche Minderung von Treibhausgasemissionen um 5,5 Millionen Tonnen nötig – mehr als das Doppelte als der derzeit erreichte Wert.

Heute, wo die Klimaerwärmung spürbar, die Energieversorgung unsicher und die planetaren Grenzen erreicht sind, ist nicht der Erhalt von Gebäudestruktu- ren erklärungsbedürftig, sondern ihr Abriss. Die Erhaltung darf sich nicht auf einen kleinen Teil von repräsentativen Denkmälern beschränken, sondern muss den gesamten Baubestand umfassen. Die Zerstörung und der Abtransport von brauchbarem Baumaterial auf die Deponie ist nicht mehr zeitgemäß.

Wir fordern ein Abriss-Moratorium: Statt Abriss und Neubau stehen wir für Erhalt, Sanierung, Umbau und Weiterbauen im Bestand. Jeder Abriss bedarf einer Genehmigung unter der Maßgabe des Gemeinwohls, also der Prüfung der sozialen und ökologischen Umweltwirkungen.

Ein Abriss-Moratorium:

+ aktiviert die großen Potenziale im Bestand und bereits versiegelter Flächen für die Schaffung der von Ihnen avisierten 400.000 neuen Wohnungen jährlich. Erhalt, Sanierung, energetische Verbesserung, aber auch Aufstockungen, Erwei- terungen und die Anpassung an zukünftige Nutzungsanforderungen sind konst- ruktive Antworten auf die Wohnungsfrage.

+ nutzt den Gebäudebestand als wirksames Mittel gegen Energie- und Klima- krise. Es bewahrt und verwendet die im Material gespeicherte graue Energie. Außerdem vermindert es den Bedarf an energieintensiven und klimaschädlichen Baustoffen wie Beton und Stahl.

+ ist ein Schritt zur Kreislaufwirtschaft. Statt Abriss fördert es die Etablierung von Infrastrukturen für die Wiederverwendung von Bauteilen. In der zirkulären Stadt bedarf es schließlich keiner Deponie mehr.

+ verhindert Gentrifizierung und Verdrängung in Ballungsräumen, die mit Ab- riss und Neubau oftmals einhergehen, und begegnet so sozialen Spannungen.

+ ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformation. Es steht für die Wertschätzung von Pflege und Reparatur des Bestehenden in sei- nem ganzen baukulturellen und geschichtlichen Reichtum.

Die Politik muss dafür klare regulatorische Rahmenbedingungen schaffen.

Dies umfasst:

+ Vorgaben, die den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden in die wirtschaft- liche und ökologische Bewertung verbindlich einbeziehen und zum Standard in Genehmigungsprozessen machen. Gemeinwohlorientierte Projekte bleiben als Ausnahme möglich.

+ den Erhalt von Gebäuden zu erleichtern und ökonomisch attraktiver zu machen.

+ Leerstand in Städten zu begegnen und den Fokus auf Innenentwicklungsmaß- nahmen zu legen, wie es mit dem beschlossenen Ende des § 13b Baugesetz- buch (Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren) vorgesehen ist.

+ die Forderung nach konsequenter Einhaltung der Klimaziele im Gebäudesektor.

+ Förderungen von Re-Use-Konzepten in der Architekturpraxis, so Unterstützung bei der Nutzung wiederverwendbarer Bauteile, der Errichtung dezentraler Bau- teillager und digitaler Bauteilbörsen.

Das Abriss-Moratorium ist ein Bestandteil im komplexen Zusammenspiel ver- schiedener Maßnahmen für die Bauwende, wie es die Initiativen der MusterUM- bauordnung von Architects for Future, der Charta von Rom von Bauhaus Erde, dem Haus der Erde des BDA und andere formuliert haben.

Bis 2045 will die Bundesrepublik klimaneutral sein. Wir müssen heute klima- und umweltgerecht bauen, um die Ziele von morgen zu erreichen. Es bedarf politi- schen Mutes, um die Baubranche klimagerecht umzugestalten. Bundesministerin Geywitz, nehmen Sie Ihre Verantwortung an und treten Sie entschlossen für eine Bauwende ein und für ein Abriss-Moratorium, das Bauen im Bestand fördert.

Erstunterzeichnende Initiativen und Institutionen

A Global Moratorium on New Construction
AfA – Aktiv für Architektur
Architects for Future
Architektenkammer Berlin
Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen Baukammer Berlin

Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA Deutsche Umwelthilfe e.V.
Deutscher Werkbund Berlin
GermanZero e.V.

Mehr Infos hier.

https://abrissmoratorium.de