In einem offenen Brief sprechen sich knapp hundert internationale Vertreter*innen aus Wissenschaft, Architektur (u.a. Theresa Keilhacker), Kirchen, Kunst, Kultur und Zivilgesellschaft dafür aus, bei dem Wiederaufbau des Kirchturms der Garnisonkirche Potsdam auf den Nachbau der umstrittenen Turmhaube zu verzichten, da diese für einen problematischen Nationalprotestantismus steht.
Sie kritisieren die falsche Prioritätensetzung der Projektbetreiber, welche die Frage des Lernorts vernachlässigt haben. Während eine komplette Originalrekonstruktion des Kirchturms für 45 Mio. € erfolgen soll, fehlt es für den angekündigten Lernort an allem: An einem Konzept, an Ausstellungsfläche, an Personal, an Geld.
Sie fordern angesichts des letzte Woche auf Initiative des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert begonnenen Diskussions- und Entscheidungsprozesses zur Zukunft des Ortes, keine weiteren Fakten zu schaffen, sondern die Ergebnisse dieses Prozesses abzuwarten. Insbesondere soll der Bund auf die geplante Finanzierung der einst von den rechtsradikalen Projektinitiatoren in den Verhandlungen mit der evangelischen Kirche durchgesetzten Originalrekonstruktion der Kirchturmhaube mit ihrer umstrittenen Symbolik verzichten.
Als Projektverantwortliche sind das Kuratorium und der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Garnisonkirche, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr der Stiftung und Kulturstaatsministerin Monika Grütters als Hauptgeldgeberin adressiert. Zu den Unterzeichnern gehören die Wissenschaftler Micha Brumlik, Geoff Eley, Hans Ulrich Gumbrecht, Susannah Heschel, Uffa Jensen, Robert Jan van Pelt, Stefanie Schüler-Springorum, James E. Young und Wolfram Wette; die Kulturschaffenden Mo Asumang, Monica Bonvicini, Jochen Gerz, Katharina Hacker, Thomas Heise, Kasper König und Olaf Nicolai; die Architekten HG Merz, Matthias Sauerbruch, Michael Schumacher, Werner Sobek, der Kirchenmann Friedrich Schorlemmer sowie Anetta Kahane (Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung), Franz Nadler (Vorsitzender von Connection e.V., Internationale Arbeit für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, Offenbach) und Ulrich Schneider (Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten).
Der Text des Briefes mit allen Unterzeichnern ist veröffentlicht auf der Website der Initiatoren:
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Kontakt:
Lernort Garnisonkirche im Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum
Dortustraße 46, 14467 Potsdam
Geöffnet Montag bis Freitag von 8:00 bis 20:00 Uhr
Der Lernort Garnisonkirche ist ein Projekt der Martin-Niemöller-Stiftung e.V.
in Kooperation mit Universität Kassel (Fachgebiet Architekturtheorie und Entwerfen/ Prof. Philipp Oswalt)
Steingasse 9
Am Montag, den 21. Juni, 18.15 Uhr, sprechen Philipp Oswalt und Gabi Dolff-Bonekämper zur Rekonstruktion der Potsdamer Garnisonkirche, in der Online-Vortragsreihe über Rassismus und Architektur, an der TU Berlin.
Alle Vorträge finden über Zoom statt, die ersten zwei in englischer Sprache. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig.